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Eine palästinensische Terrorgruppe massakriert die Besucher eines friedvollen Musikfestivals, ein israelischer Militär Apparat bombt den Gazastreifen in ein Friedhofstrümmerfeld und Donald Trump demütigt seinen ukrainischen Amtskollegen in aller Öffentlichkeit vor den Augen der ganzen Welt. Anschlussdiskussionen und Austausch folgen der zur Kenntnis genommenen Nachrichtenlage: Brandaktuelle Rabattangebote vom Discounter. Oder auch – nur ein Beispiel – die großartig geformten, aktuellen Passformen der neusten Cargohosen-Kollektion für den nächsten Ferienflug, Thrombose vorbeugend für die best ager. Aus asiatischer Produktion elastisch zusammengenäht, sowie hitzeresistent verarbeitet mit natürlichen Befeuchtungsfasern aus biologischem Anbau. Jedermann ist bestens informiert und tief berührt!
Phänomenal wäre das Agieren auf beiden Lebensbühnen. Nur, wer denkt bei solchen Gegensätzen noch an die Unterscheidung zwischen einer Privatfrau, eines Privatmannes und einer Person, die man seit dem 18. Jahrhundert Citoyen nennt? Ein Citoyen ist ein gebildeter, politisch interessierter Bürger im Gegensatz zum Bourgeois, dem lediglich materiell interessierten Besitzbürger aus privatem Anreiz. Mischfiguren im Alltag des 21. Jahrhunderts sind… ja, auch anzutreffen. Ein heutiges Begriffspaar lautet passender: Eine abgehobene Elite und die bildungsferne Konsumliga.
Gleichzeitig findet eine Vermengung des Politischen mit dem Privaten statt. Was mit dem Nullmedium Fernsehen begann, gelingt Instagram, TikTok und Co. mühelos: Bild(ungs)-Produktion und Verwertung.
Soziale Medien haben inzwischen eine privat-öffentliche Doppelfunktion erobert: Das Smartphone-Display ist zu einer Ausdehnung des rein privaten Gesicht-Körperteils mutiert, die Bildschirminhalte zeigen die gesamte Welt da draußen in größter Indiskretion. Die private Selbstentäußerung ist grenzenlos geworden. Der ursprüngliche Begriff sollte weiter gefasst werden: Die Welt lebt in einer Porno Blase.
Der digitale Code hat den Dresscode ersetzt. Alles ist möglich und erlaubt. So landete man in allzu vergangenen Zeiten auf einen Scheiterhaufen, nicht wie heute auf dem Mond. Abgesehen davon, dass es sich die gemeine Frau, der gemeine Mann schlicht nicht erlauben und leisten durfte und konnte, es war unter Drohung der Todesstrafe verboten, Kleidung zu tragen, die nicht standesgemäß daherkam. Kostbare Bekleidung war den Edelleuten vorbehalten, auch untereinander nach strengem Rangunterschied. An der Spitze der Herrscher in Purpur Rot – verblasst das Haupt ins Apfelsinen Rot in heutiger Zeit.
Demokratisierung im Jahr 2025: Traute man sich vormals nur beschämt mit dem Nachtzeug noch gerade so auf den Bettvorleger, kann ZuBettGeh-Mode unterschiedlichster Farbe und Dichte nun auch zum Gang ins Opernhaus ohne Scham, auch ohne Aufsehen getragen werden, im unaufgeregten Gedenken frotteeartiger Jogging-Outfits. Gingen sogar Familienmitglieder im Beisein vor gar nicht so langer Zeit zum individuellen Flatus Geschehen im Schweinsgalopp und ohne Verwendung einer Feuerleiter in den Keller – Grüngesinnte sogar in den Heizungskeller – ist folgender Dialog im Fahrstuhl denkbar geworden: Sag‘ mal hast du gerade einen fahren lassen? – Ja klar! Ey Alter, denkst du etwa ich rieche immer so? Private, weniger rektale, vermehrt orale Flatter-Selbstergüsse gleichen inzwischen den öffentlich bekundeten Politäußerungen von Getriebenen mit zunehmenden Verfall.