Die Bevölkerung liebt den Luxus. Luxus ist wie eine magische Märchenwelt, in die man sich hineinträumen kann. Die Welt, in der die Nachkriegsgenerationen hineinwuchsen, war heil und frei von Verzicht, frei von Angst. Und plötzlich eine Krise nach der anderen in dieser, unserer heilen Welt: Covid, Inflation, der Krieg in der Ukraine, ein weiterer in Gaza.

Die Welt, in der die Menschen nun leben, ist fragil. Die Sicherheitslage ist unübersichtlich geworden. Die Einschläge der Krisen kommen immer näher, bedrohen das Leben immer direkter. Das ist für uns eine völlig neue Erfahrung, ein völlig neues Lebensumfeld bildet sich heraus. Verzicht kannten die meisten von uns ja bisher nicht – es ging immer nur aufwärts. Unter den ungewohnten Lebensbedingungen macht sich Angst und Überforderung breit.

Luxus assoziieren die meisten mit Verschwendung und Überfluss, Dekadenz. Aber vor allem mit: Sorglosigkeit. Und die versuchen wir uns mit (teuren) Konsumprodukten zu erkaufen – Luxus ist auch eine Lebenshaltung.

Dabei gibt es keinen größeren Luxus als unsere Zukunft. Soeben demonstrieren wir zu Hunderttausenden für unsere Demokratie, engagieren uns für Umweltschutz, sind teilweise sogar Aktivisten. Vor allem sind wir auch gleichzeitig unreflektiert und in uns unschlüssig, also widersprüchlich.

Der Mensch neigt dazu, die Welt in Schwarz und Weiß zu teilen. Doch so ist sie nicht. Sie ist grau. Gut 15 Prozent, so die Meinungsumfragen, mehr würden sich nicht zu der Gruppe der engagierten Leute zählen wollen. Es ist eine kleine, laute Minderheit. Der Rest ist gesellschaftlich eher indifferent. Aufgewachsen unter den bequemen Standards, nicht unter einer politisch-sozialen Teilhabe. Das wird auch nicht gefordert. Wie soll man denn auch die Komplexität der Welt erfassen – immer mit Aktionsunruhe im Fußsohlenbereich?

Ein Beispiel des Luxus-Paradox ist das Smartphone, das mehr als 99 Prozent der relevant heranwachsenden Generation besitzt: Ein Gerät für gut und gerne 1.000 Euro ist heute kein Luxus mehr. Es gehört zur Grundausstattung – die, nebenbei bemerkt, durch das ständige Onlinesein einen enormen CO₂-Verbrauch mit sich bringt. Smartphone Benutzer haben den größten ökologischen Fußabdruck, den miteinander kommunizierende Menschen jemals gehabt haben. Doch als Konsum oder Luxus sehen wir das gar nicht. Weil es für uns schlicht kein Luxus ist.

Luxus stärkt das Selbstbewusstsein. Er ist Haltgeber, dient insbesondere auch der Selbstfindung und gleichzeitig der Selbstdarstellung. Die sozialen Netzwerke sind Verstärker. Hier werden wir permanent von vermeintlich normalen Menschen beschallt, die sich alles leisten können und denen wir dann nacheifern.

Wir verbringen viel Zeit im Netz, wo konstant vorgegaukelt wird: Luxusgüter, die sind nur wenige Klicks entfernt. Die sozialen Netzwerke bagatellisieren den Luxus. Weil ein 1.000-Euro-Handy heute kein Luxus mehr ist. Auch Bekleidung, ein weiteres Konsumfeld, ist einer der heutigen Top-Klimasünder. Wir, die Konsumenten sind hin- und hergerissen zwischen sozialem Druck, leichtem Sinn und ethischem Bewusstsein. Gefangen zwischen Verantwortung und Versuchung. Kein schöner Ort für unseren Seelenzustand. Wo wir alle doch nur leben wollen.