Die weibliche Servicekraft bedient in der Kneipe im Rücken von einem Gast. Minuten zuvor hatte er diese an geflirtet, aber einen Korb bekommen. Plötzlich fällt komplett außerhalb seines Blickfelds ein Glas zu Boden. Dennoch widerfährt es dem kurz zuvor „Gehörnten“ sofort: Jetzt lässt die dumme Kuh auch noch ein Glas fallen. In Wirklichkeit hatte ein anderer Gast im Raum das Trinkgefäß vom Stehtisch gestoßen.
Das zu dieser Geschichte passende Motto lautet: Ich weiß nicht viel, außer dass ich recht habe. Eine aktuelle Studie bestätigt: Menschen neigen dazu selbst mit lückenhaftem Wissen sich eine starke Meinung anzumaßen. Die soeben beschriebene Situation vom zerbrochenen Krug illustriert einen menschlichen Denkfehler, den man als Illusion ausreichender Information bezeichnet.
Scherben- oder auch Scheibenkleister, denn es steckt die falsche Annahme darin, schon genug über eine Sache, einen Vorgang oder ein Thema zu wissen, um sich ein festes Urteil darüber zu bilden. Es macht blind für zusätzlich notwendige Informationen – als blenden Menschen absichtlich aus, dass ihre Kenntnisse unvollständig sind.
Ein zweiter Aspekt: Die eigene Wahrheit gilt als objektiv. Missverständnisse und Missstimmungen zwischen Menschen mit unterschiedlichen Meinungen sind die Folge. Eine Vielzahl von subjektiven Ansichten, aber die eigene Sicht der Dinge beruft sich wie selbstverständlich auf die eine objektive Wahrheit. Nur, es bleibt nicht beim Übertragen des eigenen Standpunktes. Es wird zusätzlich erwartet (Achtung: Erwartungshaltung!), dass die Mehrheit oder sogar alle anderen Menschen die Dinge genauso zu sehen und einzuschätzen hätten wie man selbst. Was eine Verblendung ist. Tut dann überrascht, wenn andere Menschen die Dinge, oh weh, anders sehen. Reagiert als wär’s vorm Richter: Wie können sie nur? Das ist nicht zu fassen! Das gibt es nicht! Wahnsinn!
Anstatt die eigene Sicht einer Prüfung zu unterziehen, wird lieber die Vernunft und die Redlichkeit des anderen bis hin zur Verachtung angezweifelt. Wenn sich die Option der Gewissheit zudem noch mit einer Illusion ausreichender Informationen paart, ist die ganze Chose der Lächerlichkeit preisgegeben. Die Perspektive, es lächerlich zu finden, ist eine schlichte Reaktion von eigener Souveränität. Denn im Wort Lächerlichkeit steckt die Aufforderung: Ein Lächeln zu viel ist niemals ein Lächeln zu oft. Das wussten im Zustand des Paradieses schon Adam und Eva.