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Der Mensch lebt nicht im luftleeren Raum. Die emotionale Nähe von Eltern, Partnern und Geschwistern ist seit jeher ein grundlegender Pfeiler von Gesundheit und Stabilität. Wer sich auf seine Familie verlassen kann, fühlt sich sicherer, bleibt körperlich belastbarer und psychisch widerstandsfähiger. Schon das schlichte Wissen, im entscheidenden Moment nicht allein dazustehen, entfaltet bemerkenswerte Wirkungen.
Es ist die heilsame Kraft positiver Erwartungen. Wenn Familienmitglieder signalisieren: „Ich interessiere mich für dich, du nimmst teil“, entsteht ein Effekt, der ähnlich stark sein kann wie die tatsächliche Hilfe. Früher war er selbstverständlich, weil mehrere Generationen Tür an Tür lebten. Die Aussicht auf Beistand schützte das Wohlbefinden, noch bevor überhaupt eingegriffen werden musste.
Forschungsergebnisse bestätigen, wie verschiedenste Formen familiären Beistands zu besserem seelischem, körperlichem und sozialem Wohlergehen führen. Psychische Stabilität, ein robusteres Immunsystem, sogar eine höhere Lernbereitschaft stehen in engem Zusammenhang mit dem Gefühl familiärer Verbundenheit. Die Zugehörigkeit zu einer Familie, die trägt, schafft innere Ordnung und Ruhe. Sie gibt Menschen Orientierung und Sicherheit, die in allen Lebensphasen wirkt.
Was aber geschieht, wenn diese elementare Stütze brüchig wird oder ganz fehlt? So zum Beispiel bei Menschen, denen jeglicher Familiensinn fehlt. Da gibt es schnell Familienangehörige, denen nichts zugetraut wird, die in der Wahrnehmung von anderen Familienmitgliedern auf einen Status von dreijährigen Kindern verbleiben. Diese zugewiesene infantile Festlegung – gemünzt nicht aus Bösartigkeit wohlverstanden – bewirkt: nicht gehört, komplett überhört zu werden. Aussagen werden ignoriert und schon beim Versuch sich Gehör zu verschaffen, werden diese Versuche abrupt unterbunden. Das ist Unselbständigkeit, adressiert. Das betroffene Familienmitglied, als Kind gesehen, in realiter erwachsen, hat dann nur eine Funktion innerhalb so einer Familienstruktur – die des „emotionalen Mülleimers“.
Das Fehlen der familiären Wahrnehmung, die Absprache jeglicher eigenen Identität, das Fehlen von Neugier an der Person – der andere im eigenen Ego-Tunnel gefangen – diese familiäre Aufstellung ist eine schmerzliche Realität. Wer in der eigenen Familiengemeinschaft unsichtbar wird, wer keinerlei Rückfragen, keine Fürsprache und Mitsprache erfährt, da diese Für- und Mitsprache noch nicht mal angedacht wird, nicht zugeteilt wird, da geht auch und nicht zuletzt ein entscheidender Gesundheitsfaktor verloren: Die Einsamkeit innerhalb der Familie ist eine besonders belastende Form der Isolation. Sie erzeugt seelische Not, die den Körper schwächt. Ängste, Stress und dauerhafte Anspannung begünstigen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und erhöhen die Anfälligkeit für Infekte.
Wenn der Halt wegbricht, allein durch diese emotionale Distanz, da sinkt die Lebensqualität dramatisch. Die Selbstverständlichkeit des Miteinanders droht verloren zu gehen, und mit ihr die schützende Kraft, die Familie traditionell ausmacht.
Familiäre Fürsorge ist keine Nebensache. Sie ist gesellschaftliche Grundlage und persönliche Lebensversicherung. Jeder braucht ein Nest, in dem er mehr ist als eine übersehende Nebenfigur. Jeder Mensch hat ein Recht darauf, gesehen und gehört zu werden. Und, wenn nicht in der Familie, wo dann sonst?
Familiärer Rückhalt wächst aus Aufmerksamkeit, Vertrautheit und der Bereitschaft, füreinander einzustehen – nicht einseitig, sondern gegenseitig. Traditionelle Werte wie Zusammenhalt, Respekt und beidseitige Verantwortung sind keine Zierde der Vergangenheit, sondern Voraussetzungen für ein gelingendes und erfülltes Leben. Kein Mensch sollte in der eigenen Familie das Gefühl haben, unsichtbar zu sein, unbemerkt zu bleiben.