Einsamkeit, so gesundheitsschädlich wie 15 Zigaretten am Tag.

Einsame Menschen haben ein erhöhtes Risiko, an Depressionen, Angststörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall oder Demenz, auch Impotenz zu erkranken. In Proben von Personen, die sich einsam fühlen, finden Mediziner höhere Mengen des Stresshormons Kortisol. Der Körper scheint Einsamkeit als Bedrohung anzusehen. Dieser reagiert mit Stressreaktionen, Kampf oder Flucht. Wer dauerhaft einsam ist, fühlt sich ständig bedroht. Einsame Menschen entwickeln auch eine zynische Weltanschauung.

Einsamkeit entsteht, wenn soziale Beziehungen mangelhaft sind. Den Mangel empfinden Betroffene als Verletzungen. Sehr schmerzhaft können dieser Mangel und Verlusterlebnisse sein. Ängste vor Verlassen und Verlassen im Dasein und Verlassen im Sosein. Einsame Menschen wünschen sich mehr oder auch nur tiefergehende Beziehungen. Ihnen fehlen wichtige Bezugspersonen, ihnen fehlt Vertrauen. Auf Einseitigkeit beruhende soziale Bindungen sind für Einsame toxisch.

Die Zeit, die man allein verbringt, ist kein Hinweis für Einsamkeit. Wer allein ist, muss nicht einsam sein. Allein zu sein und sich einsam zu fühlen, das ist nicht dasselbe. Wer allein sein möchte, kann sich freiwillig dafür entscheiden. Alleinsein kann sogar schön sein. Das Alleinsein lässt sich bewusst wieder beenden. Bei Einsamkeit funktioniert das nicht.

Das subjektive Empfinden von Einsamkeit, das sich in den Köpfen von Menschen abspielt, können Mediziner schwer messen. Viele Menschen geben ungern zu, einsam zu sein. Wie einsam sind Sie? Schlechte Frage. Stattdessen werden etwa Zustimmungswerte zu Aussagen wie diesen erfragt:

Ich bin unglücklich, weil ich so viele Dinge allein mache. Keiner kennt mich gut. Ich habe niemanden, mit dem ich reden kann. Menschen sind um mich herum, aber nicht mit mir. Ich habe das Gefühl, dass mich niemand wirklich versteht, auch weil meine Umgebung mich nicht verstehen will oder auch nur kann, sei es aus Desinteresse, sei es aus gelebter, stets ichbezogener Gleichgültigkeit am Anderen.

Nicht nur Menschen, die viel allein sind, fühlen sich einsam. Auch unter denen, die viel Zeit mit anderen verbringen, geben Betroffene an, einsam zu sein. Das Paradoxe am Alleinsein und an Einsamkeit ist: Menschen können sich wohlfühlen, wenn sie allein sind. Und man kann in einem Raum voller Menschen einsam sein. Wenn sich Eheleute von ihrem Partner oder Familienmitglieder von ihrer Familie entfremdet fühlen, können sie extrem einsam sein. Physische Nähe schafft nicht zwangsläufig Verbundenheit, das schafft nur die emotionale Nähe. Einsamkeit ist insofern unsichtbar, da einsame Menschen schwer zu erkennen sind. Der Blick von außen kann nur verraten, wer allein ist.

Nicht aber, wer einsam ist.