Die Demokratien werden weltweit herausgefordert und bedrängt wie selten zuvor. Der Autor und Politikwissenschaftler Claus Leggewie appelliert an alle demokratisch gesinnten und in Demokratien lebenden Menschen: „Raus aus der Komfortzone!“. Wir müssten uns jetzt zur Wehr setzen. Es wird viel über das Ende der Demokratien geredet und geschrieben. Was hingegen zu tun ist, davon erfährt man unverhältnismäßig wenig.

Kürzlich wurde auf eine Möglichkeit hingewiesen, wie eine Gegenwehr aussehen könnte. Die Süddeutsche Zeitung (SZ) machte auf Artikel 18 des deutschen Grundgesetzes aufmerksam. In Artikel 18 ist die sogenannte Grundrechtsverwirkung festgelegt. Sie regelt ein Sanktionsinstrument, wenn Grundrechte missbraucht werden. So verliert eine Person das Recht auf politische Aktivität, das Recht, sich auf die Grundrechte zu berufen, wenn diese Grundrechte zweckentfremdet werden. So ein Missbrauch liegt dann vor, wenn eine Person nachweisbar in Worten und Taten öffentlich verkündet, das demokratische Rechtssystem zerstören zu wollen.

Carlo Schmid, einer der Väter des Grundgesetzes hat die im Artikel 18 formulierte Verwirkung der Grundrechte einst so begründet: Man müsse die politischen Freiheiten denen versagen, „die nichts anders wollen, als mit Hilfe dieser Grundrechte den Geist dieser Verfassung zu benagen oder ihm das Lebenslicht auszublasen“.

Mit der Anwendung von Artikel 18 würde den Verfassungsfeinden, einzelnen Personen, das Recht zur politischen Aktivität genommen. Konkret hieße das, das aktive und passive Wahlrecht würde aberkannt und die Erlangung sowie das Ausüben öffentlicher Ämter würde ihnen verwehrt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger! Dieses Vorgehen kann wirkungsvoller sein als das in der Öffentlichkeit in der Diskussion stehende Parteienverbot nach Artikel 21 des Grundgesetzes, so die SZ.

Eine Anklage aufgrund Artikel 18 des Grundgesetzes ist eine hohe Hürde. In jüngster Vergangenheit haben jedoch Verwaltungsgerichte über rechtsextreme Politiker geurteilt, die durch stetige Verlautbarungen radikalen Gedankenguts, mit Begriffen wie Faschist oder Neonazi in aller Öffentlichkeit von jedermann rechtens benannt werden dürften, da Auseinandersetzungen in der Sache, so das Argument der Urteile, vorlägen. Und eben keine Rufschädigungen oder Schmähkritiken. Sollten in Zukunft diese Zuschreibungen wieder ehrenhaft und lobgepriesen aufgepelzt werden, dann allerdings wird es zu spät sein.

„Ein Verfassungsstaat soll und darf sich nicht in die Hände seiner Zerstörer begeben.“ (SZ)