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Kaum ist der Cheeseburger-Präsident zurück im Oval Office, jene Machtzentrale geformt wie ein durchtriebenes, pardon Mr. President – wie ein durchgebratenes, goldgelbes Schweinsmedaillon, da brutzelt es wieder auf allen Rosten. Zufall? Natürlich (nicht). Aber einer, der hervorragend ins Bild passt. Mit der Wiederkehr des großen Fleischverzehrers an der Spitze der freien Welt steigt laut einer unbewiesenen Behauptung der Fleischkonsum in allen demokratischen Ländern. Und zwar ganz unabhängig davon, ob das nun durch patriotischen Hunger oder politische Nachahmung geschieht. Hauptsache, es zischt.

Dabei war das Fleisch doch schon fast Geschichte. Damals, als Beyond-Beef-Burger, Tofu Würstchen und Sojaschnitzel die Supermarktregale stürmten und uns medial die Frage gestellt wurde, ob wir gerade den Anfang vom Ende des Fleisches erleben. Die Antwort, nun einige Jahre später: Nicht wirklich. Das Tier in uns ist zurück – nicht lebendig, sondern schön durchgebraten.

Die Sommermonate markieren traditionsgemäß den Höhepunkt dieser kulinarischen Rückeroberung. Wenn die Temperaturen steigen, sinken die Hemmungen – nicht nur in Bezug auf Textilien, sondern auch beim Fleischverzehr. In Hinterhöfen, auf Balkonen und in öffentlichen Parks dominiert wieder das Motto: „Grill my babe – baby grill me!“

Und wer meint, dieser Grillrausch sei eine vorübergehende Erscheinung, sollte einen Blick in den aktuellen Jahresbericht des Vereins „Die Urkraft des Fleisches“ werfen – eine Art Veteranenclub des gepflegten Fleischkonsums, bestehend aus Herren gesetzten Alters, in der Oberpfalz liebevoll „Herren aller Bundeslenden“ genannt. Der Anteil derer, die ihren Fleischkonsum einschränken wollen, befindet sich dort auf einem Fünf-Jahres-Tief. Stattdessen feiert man mit breiten Rücken und breiteren Tellern das Comeback des Stiernacken-Steaks.

Amerika macht es vor – wie immer mindestens eine Grillsaison voraus. Dort verlautbart der Gesundheitsminister der Herzen, Robert F. Kennedy Jr., dass Fastfood keineswegs ungesund sei – solange der Burger in Rindertalg gebraten werde und nicht in diesem neumodischen Pflanzenöl, das offenbar gefährlicher ist als ein durchgegartes Kotelett.

Mit dem wachsenden Appetit wächst auch die Imposanz der Grillpartys. Veranstalter überschlagen sich in Superlativen – „Grill-Event des Jahrtausends“, „Größtes Barbecue Europas“ – begleitet vom Ententanz, jenem fröhlich-flatternden Klassiker der Bierzeltkultur, der unter dem Titel „The Chicken Dance“ den transatlantischen Sprung geschafft hat. Und spätestens beim nächsten Oktoberfest heißt es wieder: Chicken-Diät auf Bayerisch – fünf Pfund Hendl, zwei Haxen und ein Maß zum Nachspülen.

Wirklich mutig ist in diesen Etablissements, wer sich als Vegetarier outet. Zwischen knusprigem Bauchspeck und biergetränkter Fröhlichkeit zirkuliert auch wieder der alte Kalauer: „Vegetarier? Altes Indianerwort für schlechter Jäger.“

Der kulinarische Rückfall findet sich auch modisch wieder. Auf T-Shirts unterm Trachtenjanker prangt in selbstbewusster Typografie: „Mein Fleisch geht heute zu hundert Prozent in deinen Mund.“ Das dazugehörige Menü liest sich wie das Testament einer Sau: zwei Pfund Speck, zwanzig Würste, vier Pfund Hühnerbrust, zwölf Pfund Schulter, zwei Rib-Eyes, eine Tüte Nuggets und ein fünf Kilo schweres Prime-Rib-Stück. Für jeden was dabei, der Hunger auf Herzhafteres hat – oder einfach keine Zeit für Moral.

Dabei wäre es – man will es gar nicht laut sagen – der einfachste Beitrag jedes Einzelnen zum Klimaschutz, einfach mal kein Fleisch zu essen. Die Fakten sind bekannt: Die industrielle Tierhaltung verursacht mehr Treibhausgase als der gesamte globale Verkehr, in der Luft, auf dem Wasser, auf dem Asphalt. Jonathan Safran Foer, ein Literat, also für die Stall & Weide Lobby ein Weichei mit amtlich beglaubigten Brandmal Zertifikat, formuliert es (staub)trocken mit dem renitenten Ruf eines asketischen Untergangspropheten aus der woken Öko Wüste: „Die Rettung des Planeten beginnt beim Frühstück“- nur leider ohne gebratenem Speck und Sportsalami.

Doch solche Sätze verhallen ungehört zwischen Rauchschwaden und Bierbänken. Der Mensch ist eben ein Gewohnheitstier – und er liebt sein Fleisch. Gebraten, gegrillt, gepökelt. Nur nicht hinterfragt. Grill my baby? Gern. Aber bitte ohne schlechtes Gewissen.