Wie funktioniert Propaganda? Propaganda ist dann erfolgreich und im Sinne ihrer Akteure, wenn sie über einen langen, kontinuierlichen Zeitraum betrieben wird. Um sich in alle Ecken und Winkel entfalten zu können. Sie ist dann effizient, wenn die Inhalte immer und immer wieder wiederholt werden – in großmöglichster Beharrlichkeit, Einfachheit und Eintönigkeit.

Das Perfide ist, jeder noch so sinnfreie und wahrheitslose Inhalt kann an den Mann gebracht werden. Und jedefrau und jedermann kann von machtvollen Verursachern manipuliert werden. Jeder, unabhängig von Bildung, Status, Charakter. Warum Wiederholung wirkt, weiß die psychologische Forschung, die offenlegt, dass Menschen Informationen eher glauben, wenn sie diese schon einmal gehört haben. Wobei „einmal“ stark untertrieben ist.

Die russischen Staatsmedien verfolgen diese Propagandastrategie seit Jahren, ja seit Jahrzehnten. Unter anderem gilt: Alle europäischen Staaten und die Nato-Staaten außer den USA sind Anhängsel und Marionetten Washingtons – eben kein freiwilliger Bund, der aufgrund gemeinsamer ziviler Werte Einigung schafft. Die falschen Behauptungen werden vom Kremlapparat wie Mantras in die Öffentlichkeit lanciert. Alle Medien, ausnahmslos vom Staat inzwischen auf Linie gebracht, operieren mit solch diffamierenden Nachrichten. Optimal über einen langen, langen Zeitraum hinweg. Dabei sollen insbesondere negative Gefühle geweckt werden, denn für Propaganda ist es sehr effektiv, Menschen Angst machende Informationen glauben zu machen. Damit wird toxisches Konzentrat mit Langzeitwirkung generiert.

Die Kenntnis von Propagandastrategien schützt nur bedingt vor ihnen. Gegen den von der Forschung benannten Wahrheitseffekt kann man sich nämlich nicht wehren. Studien zeigen, dass dieser Effekt Menschen unabhängig von ihren Persönlichkeitsmerkmalen, Charaktereigenschaften, Status und Lebensumstände betrifft. Ob Reich, arm, gebildet, ungebildet, wissbegierig, konsumfreudig, introvertiert, extrovertiert. Alles irrelevant, was die Manipulationsbetroffenheit betrifft.

Aus russischer Sicht ist der Westen keine differente Gruppe bestehend aus verschiedenen Ländern, unterschiedlichen Systemen. Kein europäischer Staat wird von Russland als unabhängig betrachtet. Stattdessen spricht man vom kollektiven Westen, von einem Staatenkonglomerat, das von den USA, als einziger souveräner Staat, fremdbestimmt wird. Das ist eins dieser unzähligen Rus-Narrative, die durch wieder wiederholte Wiederholungen an Glaubwürdigkeit, nicht nur gewinnen sollen, sondern tatsächlich gewinnen.

Emotionen schüren, vereinfachen und: Immer, immer wieder Wiederholen. Die Methode wird genutzt als Gegenentwurf zum aufgeklärten Westen. In der russischen Einflusssphäre, wo „konservative“ Werte, die im Westen bedroht sind, noch gelten sollen, „gilt“ dann: Russland als Friedensstifter in der Ukraine, als Beschützer der dortigen Zivilbevölkerung – mit kriegerischen Mitteln herbeigeführt.

Warum das Beispiel russische Machthaber gewählt wird? Da hilft ein Blick in die russische Literaturgeschichte. Weltliteratur verfasst von Puschkin, Tolstoi, Dostojewski, Turgenjew, Solschenizyn und wie sie alle heißen. Die Russen sind einfach die besseren Kenner der menschlichen Psyche. In Kombination mit jahrzehntelanger geheimdienstlicher Herrschaftsausübung ist das Kontrastbild hierzulande, die sogenannte Lügenpresse, wenn überhaupt, lediglich und vergleichsweise ein Schiss in der neuzeitlichen Geschichte.