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Unter dem Begriff Ressentiment versteht man die auf Vorurteilen, aber auch auf Unterlegenheitsgefühlen, sowie Neid und auf ähnlich vorherrschenden Emotionen beruhenden Abneigungen gegen andere Personen - in Disharmonie mit der Um- und Lebenswelt.

Der Autor Thomas Gutknecht erkennt in Ressentiments Phänomen eine Selbstvergiftung der Seele, hervorgerufen durch Kränkungs- und Ohnmachtserfahrungen. Das Buch dazu: Mut und Maß statt Wut und Hass

Angeregt von der Lektüre die folgenden Sätze, eher zusammenhangslos, ohne Verbund. Der Hinweis, dass sich nicht nur die Psychologie, sondern auch die Sozialpsychologie mit dem Phänomen beschäftigt, denn auch ganze Bevölkerungsgruppen können Ressentiment aufgeladen sein.

Immer glaubt ein Mensch/eine Gruppe mit Ressentiments moralisch im Recht zu sein. Das Spießbürgerrecht lässt grüßen! Aus diesem Recht heraus glaubt er/ glauben sie andere miss- und verachten zu können.

Der Mensch erlebt im Zusammenhang mit Ohnmacht und Ungerechtigkeit eine Kränkung. Das Ressentiment braucht den Gegenspieler.

Aus der Schwäche, deren Ursache die erlittene Kränkung ist, folgt eine eigens konstruierte moralisch „starke“ Position, welche erlaubt, andere Sachen, Dinge und Mitmenschen zu kritisieren, zu verachten, mit Nichtbeachtung zu begegnen.

Thomas Gutknecht spricht in seinem Buch auch von Ressentimentalität. Diese Wortschöpfung aus der Zusammenführung der Wörter Ressentiment und Mentalität bezeichnet eine Einstellung, die zu einer Haltung führt, welche die ganze Person umfasst, also die Gedanken, Verlautbarungen, Meinungen, Kommentare,…, auch die gesamte Körpersprache ist von dieser Geisteshaltung bestimmt.

Einige vom Ressentiment Getriebene sitzen still, privat in einer Ecke mit einem Gesichtsausdruck der Überlegenheit, schmallippig mit heruntergezogenen Mundwinkeln. Andere, das sind auch die öffentlichkeitswirksamen Wutbürger.

Ressentiments entwickeln eine enorme Sprengkraft. Der Ressentiments-Gemütszustand kann wachsen und gedeihen, wenn Menschen sich gekränkt, auch über allen Maßen ohnmächtig fühlen.

Zeit kann Wunden heilen. Manchmal aber auch nicht. Dann steigert sich das Gefühl der Kränkung, wird stärker und stärker. Ein schleichender Prozess der Vergiftung beginnt. Und diese schleichende Vergiftung bewirkt, dass die Seele immer mehr in jene Untiefen versinkt, wo Häme, Neid und die Sehnsucht, andere abzuwerten, die Hoheit der Gefühle in Besitz nehmen. Selbstvergiftung der Seele - diesen Begriff hat der Philosoph und Soziologe Max Scheler (1874 – 1928) geprägt.

Freudlosigkeit ist damit verbunden. Keine Freude, keine Fröhlichkeit. Und den anderen gönnt man die Freude auch nicht. Was bleibt dann vom Leben noch übrig? Es bleibt die seelische Vergiftung. An die Stelle der Lebensfreude tritt das Leiden. Es kommt zu einem Leben, geprägt vom seelischen Schmerz. Das Leid ist empfundenes Leid, bedingt von allem möglichen, nur nicht - trotz allem Ich-Sagens – selbstursächlich.

Andererseits, der Schmerz, der gibt mir eine gefühlte Überlegenheit anderen gegenüber, eine moralisch legitimierte, selbstgerechte Haltung zur Verachtung. Das muss nicht immer, kann aber bis zu einer hasserfüllt wütenden Verachtung führen. Immer vorhanden ist eine Wahrnehmungsverzerrung der eigenen Umwelt und gegenüber den Mitmenschen. Leben in einem Tunnel der Illusionen mit gleichnamigen Blick nach draußen.

Vom Ressentiment getriebene Menschen verwenden viel Kraft darauf, ihre Haltung zum Leben nicht in Frage zu stellen. Menschen mit starken Ressentiments fühlen sich immer als Opfer. Das gibt ihnen ein Jammerrecht – anatomisch erkennbar an dem im Oberstübchen zu verorteten Jammerlappen. (Wer meint betroffen zu sein, der Ratschlag: Rasch um eine MRT-Bildwiedergabe dieser höhernäsigen Corpusregion bemühen!) Schuld an der eigenen Lebenslage sind sowieso immer die anderen, mit der Irrlicht Einschätzung, nichts an der eigenen Lebenslage aus eigenem Antrieb ändern zu können.

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