Weblog χρ τ +


         55.756381   12.579774

 

χρ τ + _ 117

Kaiser Napoleon der Dritte, Neffe des großen Napoleon Bonaparte, beeindruckte generös seine Gäste bei Festbanketten mit Besteck aus Aluminium, nicht aus Gold. Gebrauchsgegenstände, versehen mit diesem Leichtmetall oder gar in Reinform, galten vor 150 Jahren für kurze Zeit als ultimativer Luxus.

Ein Wert einer Sache wird bestimmt durch Angebot und Nachfrage, durch Verfügbarkeit und einem Vertrauen, zu dem sich Menschen wechselseitig zum eigenen Vorteil verpflichten, sowie der Garantie, dass Vereinbarungen eine Zeitlang auch ihre Gültigkeit bewahren. Ein paar Scheine aus Papier mit dem Aufdruck 1.000 Euro wären sonst keinen Pfifferling wert.

Menschen mit Raketenantrieb in Gesäßnähe und ausgestattet mit der Fähigkeit, Dukaten zu scheißen, bietet sich jetzt die Perspektive zu noch größerem Reichtum. Nämlich bei einem potenziellen Trip zum Merkur, dem sonnennächsten Planeten. Denn unter der äußeren Kruste des Merkur soll sich das wertvollste Edelgestein verbergen: Eine 15 bis 18 Kilometer dicke Diamantenschicht. Merkur, benannt nach dem römischen Gott der Händler und Diebe - Nomen est omen!

Zu dieser Schlussfolgerung ist ein Forscherteam vom Pekinger Zentrum für Hochdruckforschung und Technologie nach thermodynamischen und geophysikalischen Modelluntersuchungen bezüglich der inneren Struktur des sonnennächsten Planeten gelangt.

Das ist für die Diamantenhändler keine gute Nachricht, da sie bei Massenimporten von Merkurdiamanten mit einem drastischen Preisverfall rechnen müssen. Alle anderen Erdenbewohner dagegen dürfen sich auf eine körpernahe Glitzerwelt außerhalb des Null Mediums FernWehSehen freuen.

χρ τ + _ 116

Vater, der dem Sohn sagte: Ja, es tut weh, wenn der Hammer nicht den Nagel trifft, sondern den Daumen und den Finger. Also sei achtsam und bedenke, wenn du den Schmerz nicht sofort, sondern zeitversetzt wahrnehmen würdest, zum Beispiel erst am morgigen Tag, ich wette mit dir, mein Sohn, du würdest dir ohne Achtsamkeit und in Beständigkeit auf den Finger und auf den Daumen hämmern. 38 Billionen Mal pro Tag.

Der Vater, der Sohn und die letzte Generation. Alle drei erleben gerade einen Hammer - Hitze - Sommer.

Die Politiker sollten verstehen, dass auch sie eine letzte Generation sind: Die letzte Generation, die noch etwas tun kann, um die Erde zu retten. Und den Staatshaushalt!

Die FDP den Staatshaushalt, die Grünen das Klima und Papa SPD darf dann die ganze Chose aus Sicht einer vertraut, aber nicht mehr funktionierenden Kanzleibürokratie made in germany moderieren, in einer mèlange à trois ex-périmental.

In Athen schloss die Akropolis, damit keine Touristen den Hitzetod sterben. Rettungshelikopter können nicht landen, die Luft ist zu dünn wegen der Hitze.

Und trotz der hiesigen Zahlenrekorde wird dieser Sommer kühler sein als die Sommer der zukünftigen Folgejahre, der Folgejahrzehnte. Klimaschutz ist das alles entscheidende Thema unserer Zeit. Aber der billionenfache Schmerz tut ja erst „Morgen“ weh, trotz einer bereits jetzt nicht mehr mit Nägeln zu durchdringenden Wand aus Hitze.

38 Billionen? Ja: 38 000 000 000 000! Gluthitze ist teuer und wird kosten.

Selbst wenn die CO₂-Emissionen von heute an drastisch gesenkt würden, schrumpft die Weltwirtschaft wegen des Klimawandels bis 2050 um fast ein Fünftel. Das besagt eine Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. Der volkswirtschaftliche Schaden wird sich auf die soeben erwähnten 38 Billionen Dollar belaufen. Pro Jahr! Damit sind diese sechsmal höher als die Kosten, die anfallen, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen. Die letzten 80 Jahre in Wohlstand waren keine Entwicklung, sie waren eine Ausnahme.

Die zukünftige Volkswirtschaft verliert, weil Menschen krank werden und behandelt werden müssen. Weil Ernten ausbleiben und Flüsse austrocknen. Weil Autotrassen neu geteert werden müssen und Klimaanlagen Strom in gigantischen Mengen benötigen. Hinzu kommen Überschwemmungen, Waldbrände und Hagelstürme. Die Amerikaner sprechen nicht mehr nur von global warming, sondern von global weirding, weil die Wetterphänomene immer seltsamer werden. (Wenigstens das fügt sich: Der USA-rep.Kandidat und das Klima sind weird - siehe den vorletzten botenmeister, 8. August.) Nach jedem Desaster, ob in persona oder in weather, es muss aufgeräumt und mit borstig gehärtetem Stahlbesen hinterhergefegt werden.

Die Debatten um die Klimapolitik drehen sich um die Kosten und Zumutungen des Klimaschutzes und viel zu selten um die Kosten und Zumutungen des Klimawandels. Es stimmt, der Umbau der Wirtschaft zu grüner Energie, nachhaltigen Lieferketten, öffentlichen Verkehrsmitteln, grünen Antrieben wird viel Geld verschlingen. Aber es sind Investitionen, die sich aus positiver Sicht rechnen, aus negativer Perspektive gerechnet hätten. Vor allem und insbesondere aus ökonomischen (!) Gründen, und zwar jetzt.

Zögern ist teurer als Handeln. Das unabhängige Office for Budget Responsibility, das die britische Regierung berät, hat berechnet, dass Britanniens Schuldenquote bis 2050 um knapp 25 Prozent höher ausfallen würde, wenn die Regierung die geplanten Ausgaben für Klimaschutz um ein Jahrzehnt verschieben würde. Wenn die Regierungen der Welt, auch die deutsche, aus Angst vor hohen Staatsausgaben Investitionen in den Klimaschutz scheuen, sind Staatsschulden der Zukunft programmiert.

Zu den Aufgaben von Politikern zählt jedoch, den Menschen und Wählern in klarer Sprache, nicht in hanseatisch genuschelter Knackwurstigkeit, die Fakten mitzuteilen. Den Menschen, den Bürgern, welche sich vor höheren Energiekosten, sei es Strom, sei es Gas fürchten und den Kindern keine überbordenden Staatsschulden hinterlassen wollen. Man(n) und Frau, auch Div, mögen doch bedenken, Schulden, die man macht, um die Welt zu retten, sind sinnvoller als Schulden, die man machen muss, um nach den nächsten Klimakatastrophen aufzuräumen.

Die Regierungen haben die Dringlichkeit entweder nicht erkannt, oder sie schaffen es nicht, ihre Erkenntnisse in Politik umzusetzen. Mit der Schuldenbremse dans le style allemand  spart le gouvernement allemand  - welch großartige Abwechselung les jeux olympiques parisien doch gewesen waren - das Klima kaputt. Überall fehlt das Geld: Deutschland ist schon länger nicht mehr Vorreiter bei erneuerbaren Energien. Die Deutsche Bahn ist eine Lachnummer im Ausland. Es fehlen Elektroautos, weil die Ladestrukturen fehlen. Der Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft funktioniert ohne Staatsinvestitionen nicht. Wenn man die Schuldenbremse nicht abschafft, muss man sich eben - ja in luftigen Höhen längst nicht mehr, nur noch in stickigen Ebenen bewegt sich das Politikgeschehen - anderweitig behelfen, mit einem Sondervermögen oder Krediten für Klimainvestitionen.

Jetzt, nicht später! Jetzt ist es an der Zeit, Nägel, nicht mit wunden Klauen, sondern mit mehr als nur verstandesmäßigen, vielmehr mit Vernunft ausgestatteten Köpfen zu machen. Und sei diese NOTwendige Gezeitenwende lediglich dem Umstand geschuldet, dass der Vater aus Prinzip stets recht hat. Sonst wäre der Papa nicht der Vater.

χρ τ + _ 115

In Deutschland wurde vor kurzem ein Plädoyer öffentlich, das für eine „Politik für das Auto“ wirbt. Bedeutsam, sollen doch konkret Parkgebühren in Innenstädten abgeschafft werden oder diese stark verbilligt werden, zudem weniger Fahrradstraßen und weniger Fußgängerzonen ausgewiesen. Generell also eine Verkehrspolitik, um Städte insgesamt attraktiver zu machen.

Für Menschen, die sich stark mit dem Auto identifizieren, ist diese Forderung alternativlos. Das Plädoyer ist an den motorisierten Individualverkehr wie Pkws und Motorräder gerichtet, und adressiert natürlich nicht alle Wasser- Verkehrsträger und Trittbrettfahrer. Sei allein die Bahn als abschreckendes Beispiel erwähnt. Die DB, die gemein als soziales Fortbewegungsmittel gilt und im gegenwärtig maroden Zustand nur noch die gesamt-prekäre Alltagssituation in diesem Lande im Miteinander auf das Jammervollste spiegelt.

Wenn überhaupt eine soziale Bindung, dann haben die Auto-Individualisten eine Co-Identität mit dem eigenen Fahrzeug. Schon als Kind wird mit Matchboxhilfe in die Autogesellschaft sozialisiert. Wird später das reale Auto vom Gutmenschen infrage gestellt, dann wird damit auch der Fahrer infrage gestellt. Allein DAS Auto schafft eine lebensnotwendige Gemeinschaft der besonderen Art, etwa über Autozeitschriften, Autorennen. DAS Auto ist ein Mittel der Rebellion für freie Beute wider die Meute, eine Form der Auflehnung gegen das ständig bremsende Staatsgetriebe. Politisch rechtskonservativ oder liberal eingestellt sind diese Menschen. Sie fahren häufiger risikofreudig und halten sich weniger an Verkehrsregeln und unterminieren so zumindest ein wenig den allgemeinen bürokratischen Regelwahnsinn.

Individualisten sind stets in der Minderheit, werden übersehen und immer übergangen bzw. überradelt. Haben doch in den Innenstädten inzwischen fast 40 Prozent der Haushalte gar kein Auto mehr. Immerhin nehmen die PKW-Zulassungen seit Jahren Fahrt auf, im Jahr 2022 hatte Deutschland bereits 583 Pkws pro 1000 Einwohner, ein Rekordwert. Das gibt Zuversicht, Blendlicht und viel Gummi. Ja, das führt zu immer mehr Staus in den Städten, gerade im Berufsverkehr. Jedoch, der Rückbau von Fahrradspuren und mehr Platz fürs Auto können der Königsweg sein für die Könige und Asphaltritter der Straße. So bleiben die Seitenwege dem gemeinen Fußvolk vorbehalten und mögen per velo mobil dem Schein erliegen.

Ideologisch verbrämt begrünte Verkehrsplaner sehen das natürlich anders. Sie behaupten Autotrassen verursachten erst den (Smog) gestau(b)ten Verkehr. Ein Auto benötige bei einer Geschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde 70 Quadratmeter Raum. Ein Fahrradfahrer beanspruche nur zwei Quadratmeter. Wie armselig und niederschwellig doch letzter Zahlenwert ist, erinnert an den Zwei-Takt-Motor - pure Nostalgieromantik. Wie irrsinnig doch folgende Einbahnstraßen-Überlegung anmutet: Eine Stadt, die freie Fahrt wolle, müsse die Fahrradfahrer und den ÖPNV fördern. Jeder Fahrradfahrer schaffe Freiraum. Wer etwas für Autofahrer tun wolle, müsse Radwege bauen, am besten ganze Straßen dem Fahrradverkehr widmen. Das klingt paradox, das ist paradox, das sind allesamt Fake News Überlegungen, Fake News Überlegungen.

Schiere Maßlosigkeit. Weiter: Wenn man etwas für fließenden Verkehr tun wolle, müsse man den Privat-Pkw-Verkehr einschränken, indem man gute Bedingungen für Radfahrer und einen gut funktionieren ÖPNV schaffe. Wenn man generell Parkgebühren abschaffe, breitere Straßen baue, Fahrradspuren wegnähme, würden die Staus nur noch mehr zunehmen. Solche Stellungnahmen sind doch irrsinnig, Gegenteiliges ist richtig.

Nein, bis es so weit kommt, schalten wir das Fernlicht an. Damit alle Gabellenker und Flachdenker im Scheinwerferlicht stehen. Fürchterlich ist das. Fürchterlich ist Das - Polysemantisch!

χρ τ + _ 114

Donnerstag, 15.August 2024 ein Feiertag: Mariä Himmelfahrt

Ciceros Catalinische Reden - siehe crt +_111 vom 18.Juli 2024 - reflektieren die Bedeutung von Wörtern im politischen Machtbetrieb.

Um die politische Macht in den USA geht gerade ein Wort viral, welches eine Kraft entwickelt, die darüber mitentscheiden wird, wer nächste(r) amerikanische(r) Präsident:in wird.

Bisher ist es so: Donald Trump schimpft, pöbelt, beleidigt, lügt, dass sich die in Projektion gebrachten Wahlumfrage-Balken biegen, gleich Pinocchios Nase hinter jedem unhinterfragten Ereignishorizont.

Trumps politische Konkurrenz reagierte bislang mit den Worten - möge dieser noch so sehr unter die und unterhalb seiner eigenen Gürtellinie zielen - wir, die Demokraten Kamala Biden und Joe Harris, wir gewinnen mit Anstand und Argumenten: When they go low, we go high.

Einer von Trumps Methoden ist es, die Namen seiner Gegner stets mit einem beleidigenden Attribut zu verlinken: Sleepy Joe Biden, Crazy Kamala Harris und früher Crooked Hillary Clinton.

Spätestens seit dem Attentatsversuch und dem Ohrläppchen-Wunder von Trumps Überleben hat die göttergleiche Hingabe der Trump-Fans nun noch krassere Züge angenommen. Mit politischen Argumenten dringt man zu diesen Berechtigten mit Wahl- und Waffenschein nicht mehr durch. In Anbetracht dessen wenden die Demokraten nun Trumps eigene Methoden an, mit großer subtiler Kraft.

Indem sie Trump als ¯¯¯ bezeichnen, wechseln sie von der politischen zwar auch auf die persönliche Ebene, aber statt wie Trump auf unflätige Attacken zu setzen, wählen sie die mildeste Form der Gegner Pathologisierung. So nutzen sie Trumps eigene Waffen effektiver als dieser selbst. Riposte ist der olympische Ausdruck dafür.

Sie erklären den republikanischen Bewerber für nicht normal, aber ohne die Absicht, ihn zu verletzen und zu beleidigen. Statt ihn mit Dreck zu bewerfen und danach unweigerlich mit schmutziger Weste dazustehen, beugt man sich fast mitleidig über ihn - und lässt ihn damit physisch und moralisch weit unter sich. So sanft, so vollkommen frei von Aggressionen, dass es keinen Zweifel an der Überlegenheit des Angreifers gibt.

Am fatalsten für Trump ist jedoch, dass es auf diesen Ausdruck ¯¯¯ keine naheliegenden Antwortmöglichkeiten gibt.  („Lasst uns doch einfach über den Alten lachen und uns lieber auf das Wichtige konzentrieren.“) Man kann daraus keine Hexenjagderzählung machen, man kann die Behauptung nicht widerlegen. Ob jemand crazy oder crooked ist, darüber lässt sich streiten. ¯¯¯ hingegen beschreibt etwas Unaussprechliches, ein unbeschreibliches Gefühl, das der Person anpappt wie ein Haar Toupet dem Synapsen Bottich. Widerstand zwecklos.

Es ist seltsam, dass dieser Ausdruck so spät in Gebrauch genommen wurde, zuerst benutzt vom Demokraten Gouverneur und potenziellen Vice President Tim Walz.

Das Wort heißt:                                 ¯¯¯  ==  Weird

Demokratische Politiker verwenden es in ihren öffentlichen Reden regelmäßig, so auch Kamala Harris: Donald Trump is weird - D.T. ist seltsam. (Viele Menschen werden dennoch dabei auch denken: Ja, Donald Trump is a weirdo - D.T. ist ein Spinner.)

Das Wortgefecht, dieses Satzgeflecht, mögen diese die gewünschte Absicht entfalten und die orangen gefärbten Stirnfalten zur Weißglut treiben. Just plain weird.

χρ τ + _ 113

Der Status: Sommerloch     Das Problem: Weißes Papier     Die Lösung: Zitate

 

Wer selbst seinen Weg weiß, schließt sich keiner Karawane an.  Arabisches Sprichwort

Die Gier ist immer das Ergebnis einer inneren Leere.  Erich Fromm

Ein sinnloser Streit gleicht dem Kampf zweier Kahlköpfe um einen Kamm.  Jorge Luis Borges

Wer den Tod fürchtet, lebt nicht.  Lew Tolstoi

Familie und zu Hause ist dort, wo man sich verstanden fühlt.  Lars Eidinger

Nirgends ist man einsamer und vereinzelter als in einer Gewaltsituation.  N.N.

Es wird einem niemals etwas geschenkt, es wird immer getauscht.  Erich Kästner

Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast. Antoine de Saint-Exupéry

Entweder du tust jetzt einen auf Erwachsen - oder Du bist sofort ruhig.  Karl Lagerfeld

Die Aufgabe von Eltern ist es, ihre Kinder von der Macht zu befreien, die sie über sie haben.  Vigdis Hjorth

Mein Leben ist das Zögern vor der Geburt.  Franz Kafka

So muss erst ein Gewitter vorbeiziehen, wenn ein Regenbogen erscheinen soll.  Johann W. von Goethe

Kein Mensch ist mehr höflich. Wer möchte schon ein Höfling sein, dann lieber König oder Knecht. c.t.

χρ τ + _ 112

Eins der stets geistreichen Zitate von Mark Twain lautet: „Immer, wenn man die Meinung der Mehrheit teilt, ist es Zeit, sich zu besinnen.“

Oft wird diese Situation erlebt: Nach „Erledigung des Einkaufzettels“ der Gang zur Kasse und die Frage, in welche Menschenschlange man sich anstellen soll. Selbstverständlich nicht in die Längste von dreien; allzu oft werden aber zwei völlig leere Kassen übersehen. Übersehen, dass es fünf Wahlmöglichkeiten gegeben hätte. Vorausgesetzt, mit allen Sinnen. Hingegen unser Gehirn signalisiert uns: Da, wo nichts passiert, da kann auch nichts sein. Schwarmintelligenz sieht anders aus.

Aus der Süddeutschen Zeitung vom 22. Juli: „In Barcelona gibt es eine Buslinie, die ist ungefähr so geheim wie der neundreiviertelte Bahnsteig bei Harry Potter. Man muss schon wissen, dass sie existiert. Ansonsten ist sie unsichtbar. Zumindest auf Google Maps. Anwohner hatten die Stadtverwaltung überzeugt, die Linie 116 aus digitalen Navigationswerkzeugen entfernen zu lassen. Weil man mit ihr den berühmten von Antoni Gaudí gestalteten Park Güell erreichen kann, hatten Touristen die Busse derart in Beschlag genommen, dass sie für Einheimische unbenutzbar geworden waren. So viel Einfallsreichtum müssen die Bewohner eines der weltweit beliebtesten Touristenziele mittlerweile aufbringen, um zwischen den jährlich 16 Millionen Besuchern noch ihr geregeltes Leben zu leben.“

Touristen, die sich in immer größeren Massen denn je auf den Weg machen, würde man gerne nach jenem Sinn fragen, was sie eigentlich zu tun glauben, wenn sie zu Zigtausenden aus Reisebussen oder Kreuzfahrtschiffen steigen und durch die Gassen schöner Altstädte strömen. Altstädte, die der sogenannte Kulturtourismus längst in reine Kulissenlandschaften verwandelt hat. Eine sinnfreie Antwort könnte lauten: Es sind womöglich nur diese Kulissen, die viele Touristen anziehen, so wieS... die Fliegen. Die Touristen reisen zu Millionen an Orte, wo Millionen andere bereits sind. Achtzig Prozent der Touristen besuchen nur zehn Prozent der Reiseziele, hat eine Studie ergeben, und so berichtet es die SZ.

Womit ich nicht ende, ist der Verrat, wie und wo ich auf meinen Reisen die leeren Kassen finde. Für die, welche noch unterwegs sind, wünsche ich einen schönen Verbleiburlaub. Und eine gute Besinnung mit allen Sinnen.

χρ τ + _ 111

Krisen und Zeitenwenden hat es immer gegeben. Die Vergangenheit wurde und wird schöngeredet, die eigene Gegenwart von den Leuten zu allen Zeiten unreflektiert als die schlimmste aller Zeiten angesehen. Und in die Zukunft wird mit ängstlichem Blick geschaut. Der Mensch bewegt sich auf der sich drehenden Erdkugel. Diese mag ihre Runden um die Sonne drehen, nicht schnell, nicht langsam, mit oder ohne menschliche Anteilnahme, aber stoisch.

8. November 63 vor Christus. Sternstunde der Rhetorik. Die ersten Reden Ciceros gegen Catilina. Ausnahmezustand im alten Rom. Der Politiker Lucius Catilina plant eine Verschwörung gegen den Staat.

Als Verteidiger der Republik tritt ihm Marcus Tullius Cicero entgegen, der gewählte Konsul des Jahres 63 vor Christus, der höchste Amtsträger des Staates. Was plant Catalina? Das ist nicht leicht zu entschlüsseln. Weil wir nur eine kritische Sicht auf Catilina haben. Nicht nur Cicero war ja ein Gegner Catalinas, auch der später schreibende Sallust, der uns das Geschehen überliefert hat.

Für Sallust steht fest, Lucius Catalina entstammte dem Adel, dieser habe dabei jedoch auch einen schlechten Charakter. Sein unersättlicher Geist wünsche ständig das Maßlose. Hatte ihn die gewaltige Gier befallen, die Macht im Staat an sich zu reißen?

Catalina will unbedingt Konsul werden. Mehrfach schon hat er sich beworben. Immer ist er gescheitert. Jetzt greift er zur Gewalt. Seine Anhänger fischen aus der Menge aller Unzufriedenen. Ein buntes Sammelbecken darunter, einstige Profiteure von der Diktatur Sullas 20 Jahre zuvor, die sich jetzt wieder an den Rand gedrängt fühlen. Ehrgeizige Adlige, die politisch nicht zum Zuge kommen. Bürger, die hoch verschuldet sind, also eine ganze Reihe von unzufriedenen Gruppen, die sich um Catilina scharten. Und die auch bereit sind, den Weg der Gewalt zu gehen, des Aufstandes.

Catalina setzte in Rom vieles gleichzeitig in Gang. Attentate auf die Konsuln, er bereitete Brandanschläge vor und besetzte strategische Plätze mit Bewaffneten, so berichtet Sallust. Für die Nacht zum 7. November planten sie die Ermordung des Konsuls Cicero. Ein Attentat auf den höchsten Amtsträger der Republik. Das ist ein Anschlag gegen den Staat. Cicero wird gewarnt, der Mordversuch scheitert.

Aber klar ist, die Lage ist brandgefährlich. Sofort ruft Cicero den Senat zusammen und hält die erste seiner berühmten Catalinischen Reden. Einen Tag später am 8. November folgt die zweite Rede vor der Volksversammlung:

„Wie lange noch Catilina willst du unsere Geduld missbrauchen? Bis wann soll deine Tollheit uns noch verhöhnen? Wie weit deine zügellose Dreistigkeit sich noch vermessen?" Rom, das sich einst von der Alleinherrschaft der Könige befreit und seit fast 500 Jahren eine stolze Republik ist. „Jetzt greifst du schon offen das gesamte Staatswesen an.“

Die Zeiten waren sehr schwierig. Seit 20 Jahren zuvor, seit den Entwicklungen mit Sullas Diktaturversuch, hatte sich die Gesellschaft desintegriert und war auseinandergefallen. In einer derartigen Notlage des Staates, ist es großes Geschick, sich achtsam zu verhalten. Der Schutz der Verfassung musste durch die Verfassung gedeckt sein. Der Weg zwischen ängstliches Gewähren totalitärer Kräfte und dem Abgleiten in die eigene Diktatur war nicht nur damals schwer zu finden.

Catilina, der jetzt so dreist ja auch war, zu dieser Senatssitzung, in der Cicero die erste Rede hielt, auch noch zu kommen. Cicero ist es tatsächlich gelungen, sowohl im Senat wie auch in der Volksversammlung eine Front gegen diese Aufständischen bewirkt zu haben. Das ist seine große rhetorische Fähigkeit gewesen, was anderes war es ja eigentlich nicht, seine Fähigkeit alle mitzunehmen bei seinem Kampf gegen diese Verschwörer.

Doch gebannt war die Gefahr noch nicht. Cicero wollte als Politiker mit Beredsamkeit und Wissen verhindern, dass in einer Zeit der Dauerkrise mit Gewaltausbrüchen und Bürgerkriegen die Waffen das Wort und die Diskussion verdrängen. Cicero ist sicher kein Pazifist gewesen, aber ein Kämpfer mit Worten. Mehrere 100 Reden sind von ihm überliefert. Weit über 800 Briefe, die er an Freunde und Politiker schrieb.

Sein Hauptthema: gegen die Diktatur, gegen die Alleinherrschaft und für die Erhaltung der Republik und ihrer Institutionen. Doch auch Cicero, der Magier der Worte, Meister der Überzeugung und vielleicht beste Redner seiner Zeit, kann den Untergang der Republik nicht verhindern.

Die Römische Republik, die ja ein feinjustiertes Zusammenspiel verschiedener Institutionen darstellte, war völlig aus den Fugen geraten. Nicht wegen der Catalinischen Verschwörung, sondern weil Angst vorherrschte. Und letzten Endes bestimmten diese Ängste auch die folgenden Jahre.

Bedrohliche Wolken ziehen über der Alten Republik auf. Im Jahr 49 vor Christus bricht der Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompeius aus, an dessen Ende Pompeius ermordet wird und Caesar sich zum Diktator auf Lebenszeit ernennt.

Mag der gegenwärtige Blick in die Zukunft auch ängstlich sein, er bleibt ungewiss und: offen.

χρ τ + _ 110

Eine Frage: Woher hat das Fragezeichen seine typische Form? Die gesprochene Sprache kennt die gehobene Stimme am Ende eines Satzes. Die Schriftsprache dieses geschwungene Zeichen am Ende des Satzes, in der spanischen Welt zusätzlich zu Beginn, kopfstehend. Das kann einem dann schon spanisch vorkommen.

Vom 9. Jahrhundert an setzte sich in den Schreibstuben des Fränkischen Reiches die karolingische Minuskel durch. Dazu zählten erstmals auch festgelegte Satzzeichen, darunter das Fragezeichen, so wie wir es heute noch kennen. Das gab es nämlich keineswegs schon immer, also weder im antiken Rom noch in der griechischen Welt. Die Geburtsstunde des Fragezeichens am Ende eines Satzes kam erst mit der Bildungsreform Karls des Großen auf, an seiner Hofschule unter seinem Berater, dem Kirchengelehrten Alkuin.

Das Schreiben von Bibelabschriften, Vertragsdokumenten und Proklamationen war eine sehr arbeitsintensive und spezielle Aufgabe der Mönche in den Klöstern. Bei der damals gängigen, sehr verzierungsfreudigen merowingischen Schrift hatte das zu immer mehr ausufernden kalligrafischen Maßlosigkeiten geführt. Manche Schriftstücke wurden daher nur noch als Häkelwerk wahrgenommen. Satzzeichen kamen zwar schon zum Einsatz, waren aber nur als später hinzugefügte Hilfen beim Vorlesen gedacht. Erst die sogenannte Interpunktion, trennte Wörter oder Sinnabsätze voneinander und machte die meist ohne Punkt und Komma und auch ohne Leerstellen durchgeschriebenen Texte erst lesbar. Zuvor wurde abgesehen von einzelnen schmückenden Großbuchstaben durchweg in Kleinbuchstabenschrift geschrieben, daher die Bezeichnung MinusKel.

Erst durch den Buchdruck ab 1450 wurde die Schrifttype, inzwischen zur Antiqua-Schrift weiterentwickelt, verbindlich festgelegt. Eine Entwicklung, die für das Fragezeichen erst mit dem sogenannten Buchdruckerduden von 1903 als abgeschlossen gilt.

Bleibt aber die Frage nach der Form. Den Bischofskrummstab mit der Krümmung nach links dürften sowohl Karl der Große wie sein Berater Alkuin deutlich und täglich gesehen haben. Häufig wird auch die mehrfach geschwungene Vornote quilisma als Ursprung des Fragezeichens interpretiert, weil sie in den gregorianischen Chorälen jener Zeit benutzt wurde, um so ein leichtes sich Emporschwingen der folgenden Noten anzukündigen. Das entspräche dann genau dem Ansteigen der Sprachmelodie bei einer Frage.

Schließlich fällt der Verdacht für das Fragezeichen auch auf den lateinischen Begriff quaestio, der auf zu lösende theologische oder rechtliche Probleme hinwies. Solche Stellen im Text wurden mit der Abkürzung qo angekündigt, deren Buchstaben dann übereinander platziert wurden und womöglich direkt zur Form des karolingischen Fragezeichens führten.

Wie auch immer das Fragezeichen seine heutige Form erlangt hat: Seit nunmehr tausend Jahren hat dieses Zeichen neugierige Fragen hervorgebracht und bleibt trotz Allgegenwärtigkeit selbst geheimnisvoll.

χρ τ + _ 109

Vier Minuten religiöse Morgenandacht im Radio ergänzen das Aufstehen. Noch nicht gänzlich wach: Die Form, nicht der Inhalt steht im Wahrnehmungsfokus: Kindersprache und Ansagen von der Kanzel. Zielgruppe ist das unmündige Radiopublikum.

Dann der Satz: „Ich empfinde es mega übergriffig, mich das persönlich auch nur zu fragen, mich.“ Das lässt aufhorchen. Später am Tag die gesamte Andacht in der Audiothek gehört. Thema ist das Miteinander. Das, was uns zusammenfügt. Die dreifaltige Verbundenheit zwischen mir, dem Lieben Gott und dem Anderen. Zu hören jedoch ausschließlich immer nur das Gottferne Wort ICH, im Verbund mit den Brüder- und Schwestergleichen Wortschöpfungen mir, mich, meins. 4:06 Minuten lang 50-mal diese Wörter, macht alle 5 Sekunden jeweils eins davon. Nahezu null Male das Wort Gott, kein einziges Mal die Erwähnung des Anderen.

So sieht heute christliche Nächstenliebe aus Expertensicht aus. Da passt die ins Gott- und Menschen BILD gefügte und empörende Reaktion über eine zu persönlich empfundene Frage ans Selbst, adressiert an das narzisstisch gekränkte ICH. Ist es ein Wunder bei so vielen ICHs & COs dieser Frühpredigten? Nein, alltägliches Frühstücksgewese! Überkreuz, das Fokus Wort der Morgenandacht ist der mündliche Ausstoß: ICH. Nicht das DU. Zu oft gefallen, dieses Wort zum Morgencafé. "Darauf erst einmal einen Dujardin". Alttestamentarischer Asbach Uraltspruch.

χρ τ + _ 108

Meine Sympathie für alles Dänische ist einschlägig bekannt. Man braucht nur den Link oben anzuklicken, um das zu erkennen. Ich bin gefragt worden, wem ich am Samstag beim Achtelfinale Deutschland gegen Dänemark die Daumen drücken werde. Die Zustimmung Dänemark bleibt natürlich abstrakt, solange es keine europäische Berichterstattung und eine Presselandschaft gibt, die nicht vor nationalen Grenzen Halt macht.

Außerdem habe ich damit gerechnet, mehr in Spiel- und Wettbewerbslaune zu geraten, doch das ganze Gewese drumherum geht mir diesmal aufs Gemüt. Aber wenn schon, dann soll dieser mein Gastgeber an den Dänen scheitern, nicht eine Runde drauf an den Spaniern. Ab den letzten Vier dann gerne wieder der deutsche Daumendruck und die heimische Siegerfaust.

Grundsätzlich immer vernünftig, einen Alternativplan zu haben: Im Jahr 1871 war ich nicht einverstanden mit der Kleindeutschen Einheitslösung. Gefragt bin ich aber auch nicht. Fürst von Bismarck machte sowieso, was er wollte und Antipoden Durchlaucht Fürst von Metternich konnte wegen Ablebens nicht mehr widersprechen. Dieser Schaumwein Disput ging auch ohne Videobeweis bei You Tupe, allein schon mit historischem Wissen zugunsten Berlins aus.

Also, die altdeutsche Ostmark wird in Berlin Euro Football Association Champion 2024. Dank und er soll Fußball hochgeschult werden, dass er mit der queren Regenbogenfarben Karte belobigt werden wird, Franz Joseph Ralf von und zu Piefke Rangnick.

Bevor ich in die rechte Spielfeldecke zur Buß- und Bettags Fahne gestellt werde: Das sind selbstverständlich auch in der gedanklichen Verlängerung alles keine richtigen Alternativen für Deutschland. Dennoch, auf der anderen Seite und ganz ehrlich gesagt, ein Endspiel Dänemark - Österreich, wer immer dabei abgeledert würde, könnte die Ampel auf Grün am Endspieltag am 14.Juli (21:00 Uhr) springen lassen. Denn im dann dahin dämmernden Olympiastadion von Berlin wäre konkretes Energiesparen zur finalen Endspielzeit möglich. Aufgrund vorrangig bleicher Häutigkeit könnten die Flutlichtmasten um einige Levels heruntergedimmt werden, ohne dass es die Feierlaune eintrüben täte.

The Winner Takes It All.

Sprachauswahl

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.